Entlang der Grenze: Teil 4 unserer Eimsbüttel-Touren

Was ist Eimsbüttel? Wo ist Eimsbüttel? Und warum sieht Eimsbüttel heute so aus, wie es aussieht? Diesen und anderen Fragen widmen wir uns in einer kleinen Reihe von Texten und Bildern. Unser "Tourguide" Hans zeigt uns in vier Kapiteln unbekannte Seiten unseres Stadtteils Eimsbüttel und erklärt uns hier im vierten und letzten Teil, wo noch die alte Stadtgrenze im Stadtteil sichtbar ist.

04.08.21 –

Was ist Eimsbüttel? Wo ist Eimsbüttel? Und warum sieht Eimsbüttel heute so aus, wie es aussieht? Diesen und anderen Fragen widmen wir uns in einer kleinen Reihe von Texten und Bildern. Unser "Tourguide" Hans zeigt uns in vier Kapiteln unbekannte Seiten unseres Stadtteils Eimsbüttel und erklärt uns hier im vierten und letzten Teil, wo noch die alte Stadtgrenze im Stadtteil sichtbar ist.

Entlang der Grenze: Als die Apostelkirche 1885 gebaut wurde, stand sie allein, umgeben von Feldern und Wiesen. Mit dem Bau der Speicherstadt, und dem damit verbundenen Abriss der dortigen Wohnhäuser, setzte sich im nordwestlichen Teil von Eimsbüttel der Bauboom fort. Die Mietshäuser der Rellinger Straße standen unmittelbar an der Grenze zum preußischen Holstein (das seit der Einrichtung des Freihafens nicht mehr Zollausland war). In der Armbruststraße zeigt sich dies eindrucksvoll: Die Straße hat plötzlich eine andere Pflasterung, die Bebauung unterscheidet sich deutlich wegen des anderen Baurechts von der in der Rellinger Straße, die Grundstücke passen sich der Grenze an.

Die Häuser sind gekennzeichnet durch die Schlitzbauweise und durch Putzfassaden, abwertend auch „Klebearchitektur“ genannt: Die Stuckfiguren waren industrielle Massenware, im Katalog je nach Geschmack des Bauherrn auszusuchen. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel findet sich an der Ecke Armbruststraße: Neo-Barock. Die „Scheinquader“ in den unteren Stockwerken dieser Häuser sollten eine starke Fundierung vortäuschen. Mehr Schein als Sein - das lehnten die späteren Reformarchitekten ab.

Die Grenzlinie zeigt sich ein zweites Mal deutlich ein Stück weiter an der Methfesselstraße, die in einer Sackgasse kurz vor der Kieler Straße endet, und dann dort, wo die Rellingerstraße fast in die Högenstraße mündet: Das Haus aus dunkel gebrannten Klinkern im expressionistischen Stil des Neuen Bauens, schnörkellos mit Flachdach, musste sich in seinem Grundriss dem Grenzverlauf anpassen.

Gegenüber finden sich Reform-Architektur-Häuser in der Form des Heimat(schutz)stils: Schrägdach, traditionelle Formen von Balkonen, Eingängen und Fenstern. Im NS-Regime wurde diese Form bevorzugt, das Neue Bauen als internationaler Stil abgelehnt: Wie ein deutscher Mann einen Hut auf dem Kopf habe, müsse ein deutsches Haus ein Schrägdach haben... Die gewünschte NS-Architektur zeigt sich dann am Haus Rellingerstraße/ Ecke Alter Weg, obwohl es kurz nach dem Krieg gebaut wurde: scheinbar dicke Wände durch versetzte Staffelung, der Backstein an den Haustüren, Fenster wie Schießscharten und darüber ein burgartiger Risalit.

 

Der Grenzverlauf wird dann noch eindrucksvoller in der Högenstraße: in den Boden eingelassene Grenzsteine mit H für Hamburg und P für Preußen, dazu Kopfsteinpflasterreihen zeigen hier sehr exakt den Grenzverlauf, wie auch um die Ecke herum in die Lutterothstraße, wo die Grenzsteine aus dem Asphalt herausgucken.

 

Der Eidelstedter Weg, der hier bei der (entweihten) Stephanuskirche in die Lutterothstraße mündet, hieß früher entsprechend Grenzweg. Gegenüber dem Haus Lutterothstraße 102 an der Ecke Eidelstedter Weg zeigt sich der Grenzverlauf von Anfang des 19. Jahrhunderts: Eine Gehwegplatte enthält die Markierung HP (für Herrschaft Pinneberg), C7 (für Christian VII, König von Dänemark, Herzog von Holstein und Herr der Herrschaft Pinneberg), 1802. 33 solcher Grenzsteine waren vom Eimsbüttler Marktplatz bis Ulzburg aufgestellt, einen Originalstein findet man noch Ecke Troplowitzstraße/Hoheluftchaussee im Gebüsch einer Verkehrsinsel.

Zu dieser Eimsbüttler Grenze erzählte ein älterer Herr die folgende Geschichte aus seiner Kindheit: Die Kinder hatten zwischen zwei Laternenpfählen ein Seil zum Schaukeln gespannt, was verboten war. Das konnte ein Polizist nicht dulden. Die Kinder liefen weg, hinter die Grenzlinie zu Preußen, machten dem Polizisten eine lange Nase und riefen „Udl, Udl...“, den Spitznamen für Polizeibeamte. Der Polizist musste vor der Landesgrenze Halt machen...

Die früheren dänisch-holsteinischen und preußischen Gebiete von Altona wurden 1937 durch das Groß-Hamburg-Gesetz nach Hamburg eingemeindet.

An der Schule Lutterothstraße 78 (Schumacher) vorbei um den Else-Rauch-Platz herum findet sich noch eine Sonderform des Bauens vor dem ersten Weltkrieg: Hamburger Burgen, mit einer Öffnung zur Straße hin. Beherrschend hier der Bau der Baugenossenschaft der „Produktion“, ein Teil des sozialdemokratischen Milieus vor dem Krieg. Den Stellinger Weg hinunter gibt es noch typische Terrassen-Hinterhäuser.

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