Die Blaue Moschee steht leer: Historie, aktuelle Entwicklungen und Zukunftsperspektiven des IZH-Verbots

03.09.24 –

Hamburg ist vom Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) besonders betroffen. Denn während in anderen Bundesländern vor allem Büros und kleine Moscheen als Standorte des IZH oder seiner Teilorganisationen geschlossen wurden, ist in der Hansestadt seit dem 24.07.2024 die Imam-Ali-Moschee („Blaue Moschee“) mit polizeilichem Flatterband abgesperrt. 

Michael Gwosdz, religionspolitischer Sprecher der GRÜNEN Bürgerschaftsfraktion Hamburg, ordnet die Schließung des Zentrums als „notwendigen Schritt zum Schutz unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ ein. Gleichzeitig ist er besorgt über die Weiternutzung des denkmalgeschützten Gebäudes und arbeitet aktiv an einer Lösung, die sowohl den Bedürfnissen der Schiiten als auch der Exil-Iraner*innen Rechnung trägt. Mit dem finalen IZH-Verbot ist auch der Beschluss des Kreisverbandes Eimsbütteles aus dem Jahr 2022 zur Zukunft des IZH final umgesetzt. Nun ist eine Nachnutzung des Gebäudes in den Fokus der politischen Arbeit gerückt.

Geschichte des Verbots und Druck aus dem Kreisverband auf die GRÜNE Bürgerschaftsfraktion

Seit 1993 wird das IZH aufgrund seiner Verbindungen zum iranischen Regime und seiner antisemitischen sowie antidemokratischen Ausrichtung vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Dynamik des Konflikts nimmt 2022 durch die Proteste im Iran neue Dimensionen an. Am 05.10.2022 gibt die GRÜNE Kreismitgliederversammlung Eimsbüttel in einem Beschluss dem Landesvorstand, der GRÜNEN-Bürgerschaftsfraktion und der GRÜNEN Senator*innen den Auftrag, darauf hinzuwirken, dass das IZH kein Akteur im Rahmen der Staatsverträge mit der Stadt Hamburg mehr ist. Zu dieser Zeit ist das IZH noch Mitglied der Schura, mit der die Stadt Hamburg im Jahr 2022 die sogenannten Staatsverträge abgeschlossen hat. Nach intensiven Gesprächen zwischen der Schura, dem Senat und den Regierungsfraktionen und langen Debatten innerhalb der Schura verlässt das IZH freiwillig den Rat der islamischen Gemeinschaft. So kommt das Zentrum einem Ausschluss zuvor.

Die Hamburger Debatte erreicht auch Berlin: Im Herbst 2022 stellt der Bundestag den Antrag, das Bundesinnenministerium solle prüfen, wie das IZH als Drehscheibe des iranischen Regimes in Deutschland geschlossen werden könne. Tatsächlich ist das Bundesinnenministerium auf Grund der überregionalen Bedeutung des IZHs für die Frage eines Verbots zuständig. Denn das IZH ist nicht nur eine Hamburger Moschee, sondern für die Schiit*innen in Kontinentaleuropa zuständig.

Die Hamas überfällt Israel: Auswirkungen auf Hamburg

Nach dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel im 07.10.2023 nimmt die Diskussion erneut Fahrt auf. In der Folge verabschiedet die Bürgerschaft ein Bekenntnis zur Solidarität mit Israel, verurteilt die Terrorangriffe durch die Hamas und fordert die Schließung des IZH durch das Bundesinnenministerium. Kurz darauf, im November, findet eine großangelegte Razzia in allen Räumlichkeiten des IZH und seiner Teilorganisationen bundesweit statt. Das BMI sammelt augenscheinlich bei diesen bundesweiten Razzien genügend Material, um am 24. Juli 2024 ein Vereinsverbot auszusprechen. 

Am Morgen desselben Tages stoppt eine lange Kolonne von Streifenwagen vor der Schönen Aussicht 36. Stunden später rücken die Beamten ab, an der Eingangstür der Blauen Moschee klebt seitdem ein Polizeisiegel, die Zukunft der ältesten Moschee der Stadt bleibt ungewiss. Durch die Klage des IZH beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig gegen das Verbot könnte sich die Entscheidung über eine Nachnutzung der Moschee über mehrere Jahre hinziehen. 

Aktuelle Situation und Herausforderungen

Derzeit beten jeden Freitag viele Muslim*innen draußen vor der geschlossenen Moschee, was sowohl als Ausdruck des Protests, als auch ihrer Hilfslosigkeit zu deuten ist. Wie die Sicherheitskräfte mit den betenden Muslim*innen umgehen sollen, wird aktuell diskutiert. „Fakt ist, dass neben den extremistischen Personen, die im IZH aktiv waren, Menschen in der Blauen Moschee eine religiöse und kulturelle Heimat hatten. Diese wurde ihnen von einem Tag auf den anderen genommen. Darüber hinaus waren in der Blauen Moschee wichtige religiöse Dokumente zu Eheschließungen, Begräbnissen und Glaubensbekenntnissen verwahrt, die aktuell beschlagnahmt sind. Bei vielen Gläubigen herrscht in Anbetracht der Schließung Ohnmacht, Trauer und Enttäuschung. Das müssen wir in der Diskussion berücksichtigen,“ erklärt Michael Gwosdz.

Zukunftsperspektiven und Forderungen

Die Schließung der Blauen Moschee stellt die schiitische Gemeinschaft vor große Herausforderungen. Schätzungen zufolge leben in Hamburg etwa 30.000 Schiit*innen. Unklar ist, wie hoch der Anteil praktizierender Schiiten ist. Die Suche nach neuen Gebetsorten gestaltet sich als schwierig. Alternative Einrichtungen wie z. B. die schiitische afghanische Belal-Moschee in Wandsbek bieten nicht ausreichend Kapazitäten. Die Schura fordert, dass das Gebäude als Gebetsort für Schiitinnen erhalten bleibt. Säkulare Initiativen, wie der Verein Säkularer Islam, wünschen sich einen Ort für iranische Kultur und Raum für einen liberalen Islam. Michael Gwosdz äußert Besorgnis über die Zukunft der in Hamburg lebenden Schiiten und fordert, dass sowohl Exil-Iranerinnen als auch in Hamburg lebende Schiiten aus Afghanistan, dem Irak, dem Libanon und weiteren Ländern in den Entscheidungsprozess zur zukünftigen Nutzung der Blauen Moschee einbezogen werden. Zentral bleibt dabei für ihn der Erhalt der Blauen Moschee als Ort für die schiitische Religionsausübung.

„Ich wünsche mir einen offenen Austausch zwischen dem Senat, den Religionsgemeinschaften und den säkularen Gruppierungen. Mein Ziel ist es, eine Lösung für die Nutzung der Blauen Moschee zu finden, die die Bedürfnisse der Gläubigen auf der einen Seite aber auch der Exil-Iraner*innen respektiert. Die kommenden Gespräche werden zeigen, inwiefern das möglich ist. Die Begegnung zwischen religiösen und sogenannten „säkularen“ Menschen – jeglicher Religion – voranzutreiben, sehe ich als einen Schwerpunkt meiner religionspolitischen Arbeit in der kommenden Zeit.“

Text: Michael Gwosdz

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