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03.05.23 –
Gemeinsam mit meiner Kollegin Misbah Khan habe ich am 21. April ein Fachgespräch im Deutschen Bundestag mit dem Titel „Klick, Klick, Entscheidung – Visionen für die Digitalisierung der Justiz und der Verwaltung“ veranstaltet. Mit uns auf dem Podium waren Alisha Andert vom Legal Tech Verband, Vanessa Cann als Geschäftsführerin des KI-Bundesverbands, sowie Markus Drenger vom Chaos Computer Club.
Dass die Justiz und die Verwaltung in der Digitalisierung hinterherhinken ist nicht neu – das hatten wir auch in unserem letzten Fachgespräch bereits thematisiert. Diesmal wollten wir eine visionäre Lösung entwickeln und aufzeigen, wie Entwicklung, Technik, Strukturen und Prozesse losgelöst vom jetzigen System aussehen könnten.
Das Fachgespräch wurde eingeleitet mit einer Videobotschaft von Shannon Salter, Deputy Attorney General und Verwaltungschefin in British Columbia (Kanada). Ich durfte Shannon bereits letztes Jahr im Sommer in Hamburg kennenlernen, als sie für Vorträge im Rahmen der Summer School an die Bucerius Law School kam. Damals wie auch letzte Woche in ihrer Videobotschaft berichtete sie eindrucksvoll von Kanadas erstem „Onlinegericht“, dem Civil Resolution Tribunal (kurz CRT). Shannon war die Vorsitzende des CRT und zeigte auf wie es funktionieren kann:
Das CRT wurde 2016 ins Leben gerufen und war zunächst nur für Nachbarschaftsstreitigkeiten zuständig (also zivilrechtliche Streitigkeiten über Parkplätze, Äste die auf Grundstücke ragen etc.). Allerdings wurde diese neue Form der Gerichtsbarkeit so gut aufgenommen, dass die Zuständigkeit mit den Jahren deutlich ausgeweitet wurde und mittlerweile allgemein für Streitigkeiten mit einem Streitwert bis zu 5.000 kanadischen Dollar besteht. Für das CRT wurde zunächst eine Internetseite bzw. eine Plattform geschaffen, die in einem ersten Schritt mithilfe einer einfachen künstlichen Intelligenz die Streitigkeit einordnet und dazu Informationen und kostenlose Rechtsauskünfte bereitstellt. Im besten Fall löst sich die Sache schon anhand der ausgegebenen Informationen. Falls nicht, können die Parteien über ein Online-Formular Antrag auf Streitbeilegung beim CRT stellen. Daraufhin können die Parteien virtuell verhandeln und kommunizieren und so zu einer Einigung kommen. Erst wenn auch dies scheitert, entscheidet eine Richterin oder ein Richter des CRT über den Fall. Shannon mahnte, dass zu häufig noch mehr neue Gesetze, Formulare und Regelungen geschaffen werden, anstatt einen Schritt zurückzutreten und einfach nochmal neu zu beginnen.
So entwickelte sich auch das Gespräch. Im Ergebnis müssen wir uns von den vorhandenen und teilweise jahrhundertealten Vorstellungen von gerichtlicher Streitbeilegung in Teilen lösen, um weiterzukommen. Ein Gericht muss nicht unbedingt ein Haus sein, es kann auch eine Plattform sein. Eine Richter*in muss nicht zwingend im Gerichtssaal arbeiten, er oder sie kann es auch von zu Hause aus tun.
Ich habe daher folgende Forderungen entwickelt, um sicherzustellen dass die Ziviljustiz in den kommenden Jahren aufgrund des Digitalisierungsrückstands und der Pensionierungswelle funktionsfähig bleibt:
1. Onlinegerichte nach kanadischem Vorbild
Um den Zugang zum Recht zu erleichtern und gleichzeitig die Justiz zu entlasten, bedarf es auch in Deutschland solcher Onlinegerichte, von denen Shannon Salter berichtet hat. Eine ideale Gelegenheit, um das zu testen, ist aus meiner Sicht das neu vorgelegte digitale Gewaltschutzgesetz. Vorgeschlagen wird vom BMJ: Wer auf Social Media bedroht wird, soll zukünftig gerichtlich Anspruch auf die Herausgabe von Nutzungsdaten, Anordnung der Speicherung der Daten zur Beweissicherung bis hin zur gerichtlichen Anordnung der Accountsperre haben. Die Fälle sollen von den Landgerichten in Deutschland bearbeitet werden. In Deutschland gibt es 115 Landgerichte, die dann alle eine Praxis entwickeln müssten. Diese Verfahren sind vollständig online abzuhandeln. Alle Beweise liegen digital vor. Es gibt hier keinen Grund für irgendwelche analogen Vorgänge oder Präsenztermine! Diese Sachverhalte sind prädestiniert für die Einrichtung eines Onlinegerichts.
2. Digitale Urkunden
Um keinen Bruch im System zu erzeugen, müssen wir darüber nachdenken, wie Urkunden in Zukunft digital generiert und abgelegt werden können. Der Urkundsbeweis im Zivilrecht sieht nämlich vor, dass ein Dokument analog im Original vorgelegt werden muss, um Beweiskraft zu haben. Das ist auch richtig und wichtig, aber gerade deshalb muss eine neue Form der Urkunde geschaffen werden, die digital vorliegt.
3. Videoverhandlung als Standard
Schließlich fordere ich, dass wir einen neuen Standard hinsichtlich Zivilrechtsverhandlungen etablieren: Videoverhandlungen müssen der Standard sein und davon kann das Gericht in bestimmten Fällen abweichen. Ein aktueller Gesetzentwurf zum entscheidenden Paragraphen in der Zivilprozessordnung, nämlich § 128a ZPO, sieht eine zu komplizierte Antrags- und Beschwerderegelung vor.
Kanada macht es vor: Viele der Schritte sind gar nicht so kompliziert. Man muss nur machen.
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