„Haftmauern halten keine Viren ab, Menschen schon!“ Justizsenatorin Anna Gallina über die Corona-Pandemie in Hamburger Gefängnissen

Corona macht auch vor Haftmauern nicht halt. Im Interview berichtet Anna Gallina, Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz, über den ganz normalen Ausnahmezustand hinter Gittern in Zeiten einer globalen Pandemie.

03.03.22 –

Corona macht auch vor Haftmauern nicht halt. Im Interview berichtet Anna Gallina, Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz, über den ganz normalen Ausnahmezustand hinter Gittern in Zeiten einer globalen Pandemie.


Liebe Anna, welcher Leitgedanke war prägend für euer Pandemiemanagement in den Anstalten?

Anna: Viele Gefangene sind in dieser Pandemie aufgrund von Vorerkrankungen besonders gefährdet. Ein großflächiger Corona-Ausbruch hätte viele Menschen schwer krank machen oder sogar das Leben kosten können. Unser Ziel war es daher immer, die Bediensteten und Gefangenen so gut wie möglich vor dem Virus zu schützen. Daneben wollen wir das soziale Miteinander weiterhin ermöglichen, zumindest so gut, wie es in Zeiten einer globalen Pandemie möglich ist. Beides ist uns bisher gut gelungen.


Was waren die größten Veränderungen, auf die sich Gefangene und Bedienstete während der Pandemie einstellen mussten?
Anna: Sicherlich hat Corona einiges im Vollzugsalltag auf den Kopf gestellt. Um das Eindringen des Virus zu verhindern, wurden Besuche eingeschränkt und Langzeitbesuche sogar gänzlich ausgesetzt. Es war für viele hart, wenn man die Angehörigen nur durch Plexiglaswände sehen oder über das Telefon kontaktieren konnte. Es wurden neue Gefangene präventiv nach Ankunft in einer Aufnahmequarantäne untergebracht, um eine Verbreitung von Corona zu erschweren. Für die Bediensteten war die Situation ebenfalls angespannt. Der ohnehin anspruchsvolle Beruf wurde durch die Hygieneschutzmaßnahmen und den Frust einiger Gefangener erschwert.


Gab es weitere große Veränderungen?
Anna: Uns war es immer wichtig, weniger Fluktuation zu haben, um die Ausbreitung des Virus zu erschweren. Deshalb haben wir die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen zurückgefahren. In Fällen, wo beispielsweise Menschen wegen versäumter Zahlungen ihre Strafe in Hafttagen hätten absitzen müssen, haben wir diese Strafen ausgesetzt oder den Haftantritt verschoben. Es macht keinen Sinn, ein Gefängnis am Limit weiter zu belasten. Das hat übrigens auch mit Blick auf die Resozialisierung Vorteile…


Ein wichtiges Stichwort! Wir GRÜNEN setzen uns stark für Resozialisierung ein. Inwieweit ist das Konzept mit den beschriebenen Einschränkungen überhaupt vereinbar?
Anna: Resozialisierung hört auch in einer Pandemie nicht plötzlich auf. Im engeren Sinne hatte Corona keinen Einfluss auf die Haftentlassungsvorbereitung: Die Fallmanager standen sowohl mit Gefangenen als auch externen Stellen wie Jobcentern weiter in Kontakt. Zwar wurden mehr Beratungen im Übergangsmanagement telefonisch durchgeführt, das bewährte System blieb aber erhalten. Natürlich ist Resozialisierung mehr als nur die Haftentlassung. Um weiterhin Kontakt nach außen halten zu können, haben wir an einigen Stellen Videotelefonie pilotiert und zu Beginn der Pandemie die Geld- und Zeitguthaben der Telefonanlagen abgeschafft.


Corona war in dieser Form historisches Neuland für Hamburg: Was habt ihr aus der Pandemie für den Vollzug gelernt?
Anna: Dass wir viel zusammen schaffen können. Hamburg hat nur sehr wenige und lokale Infektionsgeschehen in den Gefängnissen erlebt. Keine Person ist im Justizvollzug an den Folgen der Corona-Erkrankung verstorben. Haftmauern können keine Viren abhalten, Menschen schon! Darauf sind wir stolz. Natürlich gibt es aber auch Dinge, die wir mit unserem heutigen Wissen zukünftig anders machen würden. So hatten wir zunächst nicht die gesetzliche Grundlage, die Gefangenen nach pandemiebedingten Betriebsschließungen zu entschädigen. Das ist unfair, haben die Gefangenen doch keine Schuld daran, dass sie ihrer Arbeit nicht nachgehen konnten. Wir schaffen aktuell eine rechtliche Grundlage dafür, in vergleichbaren Fällen 60 % des Arbeitsentgelts erstatten zu können. Damit sind wir Spitzenreiter in der Bundesrepublik.


Es werden außerdem sowohl alle Gefangenen der Aufnahme- und Isolierstationen als auch im regulären Zugangsbereich der Untersuchungshaftanstalt kostenfrei Fernsehgeräte in ihren Hafträumen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden alle Hafträume der Untersuchungshaft der Jugendanstalt Hahnöfersand ebenfalls regelhaft mit Fernsehgeräten ausgestattet. Konkret sprechen wir hier insgesamt von 250 Haftplätzen. Dabei werden die Fernsehgeräte zum festen Bestandteil der Haftraumausstattung gemacht. Fernsehgeräte können unter Umständen einen wichtigen Beitrag zur psychischen Stabilisierung der Gefangenen leisten und sind somit ein weiterer Baustein im Instrumentenkasten der Suizidprävention des Hamburger Justizvollzugs.

Wie geht es nun im Vollzug weiter? Wird gelockert?
Anna: Wir beobachten sehr genau das aktuelle Infektionsgeschehen und werden zum richtigen Zeitpunkt auch im Vollzug nachziehen. Aufgrund der Vulnerabilität der Insassen werden wir dies nicht überstürzt, sondern verantwortungsvoll tun.

Das Interview führte Dennis Sulzmann.

Grüne Termine

Die GRÜNEN Infostände in der KW 15 (22.-28. April)

Wir sind mitten im Wahlkampf und unsere fleißigen Helferinnen und Helfer stehen jede Woche bereit, um mit euch ins Gespräch zu kommen. Nachfolgend findet ihr eine Auswahl der Info- und Zuhörstände der Kalenderwoche 15.

Mehr

Im Gespräch - mit Omid Nouripour und Ali Mir Agha

Am 27. April begrüßen wir im Kreisverband Eimsbüttel den Bundesvorsitzenden der GRÜNEN Omid Nouripour auf dem Else-Rauch-Platz in Eimsbüttel.

 

Mehr

Stadtteilrundgang durch Eimsbüttel

Am Sonntag 28. April lädt euch unser Mitglied Hans Dall zu einem kostenlosen Stadtteilrundgang durch Eimsbüttel ein. 

Mehr

Osterstraßenfest

Save the date: Auch dieses Jahr sind wir wieder beim Osterstraßenfest dabei mit Infos, Aktionen, Gästen und einem tollen Spieleangebot für Kinder. Mit dabei: Katharina Fegebank und Rosa Domm.

Mehr

Die GRÜNEN Infostände in der KW 17 (06. - 12. Mai)

Wir sind mitten im Wahlkampf und unsere fleißigen Helferinnen und Helfer stehen jede Woche bereit, um mit euch ins Gespräch zu kommen. Nachfolgend findet ihr eine Auswahl der Info- und Zuhörstände der Kalenderwoche 17.

Mehr

Politisch-philosophischer Salon

Im politisch-philosophischen Salon mit unserem GRÜNEN-Mitglied Hans Dall geht es diesmal um das Thema „Verzicht – Sind wir noch zu retten?“

Mehr

Speakers' Corner "Sprich mit uns über Bezirkspolitik!"

 Eine Legislaturperiode neigt sich dem Ende zu, in der wir viele unserer GRÜNEN Inhalte umgesetzt haben, auch wenn wir uns noch mehr gewünscht hätten. 

Mehr

Spaziergang: Die Alster - lange Zeit Hamburgs Lebensader!

Schließt euch unserem GRÜNEN-Mitglied Hans Dall an, der auf seiner halben Alsterrunde entlang der Binnen- und Außen-Alster spannende Fakten über unser innerstädtisches Naherholungsgebiet zu berichten weiß.

Mehr

Infoabend für Neumitglieder und Interessierte

Du bist gerade Mitglied geworden und fragst dich, wie es jetzt weitergeht? Du bist schon länger Mitglied und möchtest gern etwas aktiver werden? Oder du denkst noch über eine Mitgliedschaft bei den Grünen nach? Dann bist du hier genau richtig!

Mehr